„Rauchgase, Heißluft oder Wasserdampf“ – Wie innovative Wärmespeicher aus der Lausitz beim Recyceln industrieller Abwärme helfen.
Wird über die Energiewende gesprochen, geht es schwerpunktmäßig um die Bereitstellung und Verteilung von Strom. Dass ein Großteil der in Deutschland verbrauchten Energie jedoch Heiz- und Prozesswärme ist, gerät dabei zeitweilig aus dem Fokus. Das Projekt EDWENIA setzt hier an und wird mit der Entwicklung von Zweistoff-Wärmespeichern einen wichtigen Beitrag zur sog. Wärmewende leisten.
UNGENUTZE PROZESSWÄRME IN DEUTSCHLAND
Von der Wäscherei bis zum Stahlwerk müssen jährlich in Deutschland etwa 440 Mrd. Kilowattstunden Prozesswärme bereitgestellt werden, von denen bisher nur rund 6 % aus erneuerbaren Energieträgern stammen. Der Hauptgrund für den geringen Anteil regenerativer Energien ist das vergleichsweise hohe Temperaturniveau, welches in den Industrieprozessen gebraucht wird. Benötigt eine Fußbodenheizung nur rund 40 °C Vorlauftemperatur, erfordern Industrieprozesse sehr häufig Temperaturen zwischen 100 °C und 300 °C. Eine Online-Umfrage der Hochschule Zittau/Görlitz bei Oberlausitzer Unternehmen hat ergeben, dass derzeit noch rund 80 % des Prozesswärmebedarfes aus fossilen Energieträgern gedeckt werden.
PROZESSWÄRME EFFIZIENTER NUTZEN DANK NEUER SPEICHERTECHNOLOGIEN
Prozesswärme bei höheren Temperaturen kann in unseren Breiten nur aus Ökostrom oder Bio-Brennstoffen erzeugt werden. Zur gebotenen Vermeidung von CO2-Emissionen muss die Substitution fossiler Energieträger mit einer Senkung des Prozesswärmebedarfes durch eine gezielte Abwärmenutzung einhergehen. Die dafür nötige „Entwicklung druckloser Wärmespeicher für die effiziente Nutzung industrieller Abwärme (EDWENIA)“ aus Abgasen, Abluft oder Wasserdampf ist Gegenstand des im Mai gestarteten Forschungsprojekts an der Hochschule Zittau/Görlitz. Neben der Abwärmenutzung ist auch das Einspeichern von Wärme aus Überschuss-Ökostrom und deren zeitversetzte Nutzung eine Speicheroption (power-to-heat). Das Hauptaugenmerk des Projektes liegt auf der technologischen Weiterentwicklung von Zweistoff-Wärmespeichern für industrielle Maßstäbe. Zweistoff-Wärmespeicher bestehen aus einer (z.B. mineralischen) Feststoffschüttung, die hauptsächlich die Speicherfunktion übernimmt und einem Thermoöl, welches als Wärmeträger eingesetzt wird.
„Im Projekt untersuchen wir zunächst geeignete Materialkombinationen, die den Ansprüchen an einen effizienten, zuverlässigen und wirtschaftlichen Speicherbetrieb über viele Jahre genügen. Dafür werden Materialeigenschaften der Stoffe im Labor ermittelt, z.B. auch deren Zyklenstabilität unter Temperaturwechselbedingungen. Dann erfolgen Optimierungsversuche an Zweistoff-Wärmespeichern im Labormaßstab, die Ergebnisse werden mit geeigneten Simulationsmethoden auf den Industriemaßstab übertragen. Mit der Fertigung und Untersuchung eines Demonstrators für den industriellen Einsatz werden wir die wissenschaftliche Arbeit erfolgreich abschließen.“, skizziert Prof. Dr.-Ing. Jens Meinert die Aufgaben seines Teams. Final sind wärmetechnische Kenngrößen der Speicher wie Wärmeinhalt, Speicherdauer und -effizienz sowie Speicherleistung ausschlaggebend für deren Anpassung an den jeweiligen Einsatzort. Sowohl für das Materialscreening als auch für die geplanten Labor- und Technikumsversuche ist die Forschergruppe aus vorangegangenen Projekten bereits gut aufgestellt.
GEMEINSAME UMSETZUNG MIT STARKEM REGIONALEM PARTNER
Mit der KMI Kraftwerke- und Maschinenanlagen Instandhaltung GmbH aus Hagenwerder haben die Forscher zudem einen starken regionalen Industriepartner an ihrer Seite. „Als Unternehmen sind wir vorrangig im Bereich konventioneller Kraftwerkstechnik tätig. Der Strukturwandel in der Lausitz fordert neue Perspektiven einzunehmen und traditionelles, regionales Knowhow im Stahl- und Maschinenbau in zukunftsfähige Technologien einfließen zu lassen.“, fasst Daniel Sander, Geschäftsführer der KMI, seine Motivation für die Kooperation zusammen und fährt fort: „Wenn wir es schaffen, neue Produkte aus dem klassischen Maschinenbau regional in die Fertigung zu überführen, können wir auch zukünftig anspruchsvolle und hochwertige Arbeitsplätze in der Lausitz sichern.“
REGIONALES L&T-BÜNDNIS
Genau diesen regionalen Ansatz verfolgen auch die Bündnispartner von Lausitz Life & Technology, die das Forschungsvorhaben seitens der HSZG begleiten. Die Arbeit des L&T-Bündnisses orientiert sich daran, mit neuen Forschungs- und Entwicklungsansätzen in den Bereichen (I) Additive Fertigung, (II) Vernetzte Energiesysteme und Speichertechnologien sowie (III) einer sozialen Perspektive von attraktiven Bildungs-, Lebens- und Arbeitswelten die Lausitz zukunftsfähig aufzustellen und einen Beitrag zu einer innovativen und nachhaltigen Regionalentwicklung zu leisten. Mit derzeit 75 Partnern aus der Lausitz und aktuell 17 Forschungsprojekten etabliert sich ein lebendiges Bündnis, das sowohl technisch-technologische als auch sozialen bzw. gesellschaftliche Innovationen verzahnt und weiterentwickelt. Unterstützt durch regionale Vernetzungsaktivitäten sowie der Formierung innovativer Cluster für die Region bietet das Bündnis ein starkes Innovations- und Bündnismanagement, um KMUs und Forschungseinrichtungen auf ihrem Weg zu begleiten.
Pressekontakt
Zum Forschungsprojekt EDWENIA
Hochschule Zittau/Görlitz, Fakultät Maschinenwesen
Prof. Dr.-Ing. Jens Meinert
03583 612-4849
J.Meinert(at)hszg.de
Zu Lausitz – Life & Technology und weiterführenden Projekten:
Dipl.-Ing. (FH) Lukas Stöckmann
Hochschule Zittau/Görlitz, Lausitz – Life & Technologie
03583/612 4923
Lukas.Stoeckmann1(at)hszg.de