Ungenutzte Wärmepotentiale finden und regional einsetzen

12. Juli 2023

Wärmeversorgung in Reichenbach: Ein Partnerkonsortium erforscht, wie man ungenutzte Wärmepotentiale für die regionale Wärmeversorgung in Reichenbach erschließen kann.

 

Wie bleibt die Wohnung bezahlbar warm?

Die teils sehr geringe Siedlungsdichte in der Lausitz sorgt dafür, dass konventionelle Wärmenetze nur mit hohen Wärmeverlusten betrieben werden können. Aufgrund der geringen Siedlungsdichte wird jedoch die Energieversorgung zukünftig von dezentralen Systemen und regionalen Bilanzkreisen erneuerbarer Energie geprägt sein. Grund dafür ist, dass sich hier deutlich einfacher Vorrangflächen für Wind- und Solarparks finden lassen. Im Projekt „LowEx“ soll ein Niedrigenergie-Versorgungsnetz (LowEx – geringste Verluste) demonstriert werden, welches deutlich niedrigere Vor- und Rücklauftemperaturen benötigt und dadurch verlustärmer betrieben werden kann. Wärmepotenziale aus Erdwärme, solarer Strahlungsenergie, Biogasanlagen-Abwärme oder Abwärme aus zukünftiger Wasserstoff-Elektrolyse sollen dabei in das System eingespeist werden. Die Entnahme erfolgt über Wärmepumpen der Netznutzer, welche jeweils die für das betreffende Gebäude benötigte Heiztemperatur erzeugen. „Der Volatilität auf Wärmebedarfs- und Quellenseite soll zukünftig zudem mit mobilen Wärmespeichern begegnet werden, um bisher ungenutzte industrielle Abwärme nutzbar zu machen“, fasst Norbert Döring vom GEDES e.V. eines der Projektziele zusammen.

 

Infolge des voranschreitenden Ausbaus regenerativer Energiesysteme ist weiterhin häufiger von ungenutzten Überschüssen aus Wind-, und PV-Strom auszugehen, die für einen günstigen Wärmepumpenbetrieb genutzt werden können. Dadurch kann mit einer Kilowattstunde Elektroenergie nicht nur die vielfache Wärmemenge effizient und klimaneutral bereitgestellt werden, sondern der sonst verlorene Strom stammt überwiegend aus Erzeugeranlagen in der Nähe.

 

Schrittweiser Netzaufbau durch mobile Wärmespeicher und genossenschaftliche Strukturen

Herkömmliche Wärmeversorgungsnetze sind teuer – schon beim Bau und auch danach durch die Leitungsverluste. Auch Förderprogramme können hier nur den „Schmerz lindern“. Wird das Netz etappenweise auf- und ausgebaut, sind die finanziellen Aufwendungen eher stemmbar. Aber wie kann die Wärmequelle mitwachsen, das Hauptproblem beim etappenweisen Aufbau eines Wärmenetzes? Hier könnten mobile Großwärmespeicher die Lösung sein. Erfolgreiche Tests in Reichenbach liefern den Beweis. Dadurch kann ein Wärmenetz auch ohne Heizzentrale begonnen und etappenweise aufgebaut werden. Das ist gerade für Energiegenossenschaften sehr interessant. Jedoch ist der Transport der Wärme mit einem zeitgenauen Speichertausch die neue Herausforderung, da hier hohe Kosten durch LKW-Standzeiten anfallen können.

 

Das Forschungsvorhaben „LowEx“ will dafür eine Lösung entwickeln. Dafür werden in einem Umkreis von maximal 10-12 km Abwärmequellen untersucht und mit Datentechnik ausgestattet, je mehr, desto effektiver. Die im Vorhaben entwickelte LowEx-Software, ein digitales Werkzeug (engl. Tool), soll dann automatisch die optimalen Zeitpunkte der Speicherwechsel errechnen und dem LKW-Fahrer rechtzeitig mitteilen. Dadurch kann eine Tour effektiv gestaltet und die Kosten niedrig gehalten werden. Aufgrund der jeweils unterschiedlich schwankenden Prozesse bei Abwärmeabgabe (Wärmequellen) und Heizwärmebedarf im Netz (Wärmesenken) ist das eine anspruchsvolle Aufgabe für das Projektteam. „Zukünftig sollen aus den eingebauten Schnittstellen Echtzeit-Erfahrungen aus dem laufenden Betrieb gesammelt werden aus denen automatisch die Berichte über IST-Zustand des Netzes generiert werden. Anschließend werden Algorithmen implementiert, die Prognosen ermöglichen und sich im besten Falle mittels künstlicher Intelligenz selbst optimieren können.“, erklärt Alexander Huwaldt von der SiSy Solutions GmbH.

 

Das Projektteam – gewachsene Partnerschaft

Ein Vorhaben solchen Formats lässt sich nur schwer allein umsetzen. Mit insgesamt drei Antragspartnern und drei weiteren Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft sowie der Stadt Reichenbach/O.L. ist das Partnerkonsortium für die Projektumsetzung optimal aufgestellt:

 

Unter Federführung der Gemeinnützigen Forschungsgesellschaft für dezentrale Energiesysteme e.V. (GEDES) wird die SiSy Solutions GmbH aus Löbau an der modellgetriebenen Softwareentwicklung arbeiten.

 

Mit sozio-technischen Modellen werden wir die verschiedenen Dimensionen des Vorhabens abbilden und greifbar machen. erklärt Alexander Huwaldt (SiSy Solutions GmbH) seine Zielstellung im Projekt.

 

Auch die Hochschule Zittau/Görlitz wird dabei wissenschaftlich begleiten und Ergebnisse für die Ausbildung junger Ingenieurinnen und Ingenieure nutzen, sowie über ihre Transferkanäle und speziell dem Co-Creation-Lab CELSIUZ in die Praxis übertragen. Auf Unternehmensseite sind die PCM Energy GmbH aus Großröhrsdorf als Hersteller der Großspeicher und die INEXTR Deutschland aus Eibau mit ihren Erfahrungen im Gebäude-Energiemanagement im Projekt involviert. Die Berliner Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e.V. (GFaI) unterstützt die Entwicklung des modellgetriebenen digitalen Werkzeugs.

 

Das auf ca. 215T€ dotierte Modellvorhaben soll in der Stadt Reichenbach (OL) zur Umsetzung kommen.

 

LowEx-Ausblick – Bestehende Technologie weiterdenken – neue Ansätze implementieren

Ein multiples Niedrigenergie-Versorgungsnetz verfolgt sowohl in seinen Eigenschaften als auch in seiner Struktur neue Ansätze: Neben einem ungedämmt im Erdreich verlegten Rücklauf-Leitungsnetz das Erdwärme aufnehmen kann, können auch verlustarme Gleichspannungsleitungen und Kommunikationskabel mitverlegt werden. Im Rücklaufsystem des Kaltwasser-Leitungsnetzes kann mit Eiswasser (Slurry), das durch die mit Wärmepumpen effizient entzogene Heizwärme entsteht, eine doppelte Energiedichte im Netz erreicht werden. Zusätzlich spart der Verzicht auf Rohrdämmung im Rücklaufstrang Materialkosten und mobile Wärmespeicher können länger „entladen“ werden.

 

Der Volatilität auf Wärmebedarfs- und Quellenseite soll zukünftig zudem mit mobilen Wärmespeichern begegnet werden, um bisher ungenutzte Abwärme nutzbar zu machen Norbert Döring

 

Die Versorgung über Gleichspannungsleitungen vermindert die Umwandlungsverluste von z.B. solarem Gleichstrom in den üblichen Wechselstrom. Stromspeicher, Ladesysteme oder Power to Heat/Power bzw. Elektrolysesysteme zur Wasserstoffherstellung lassen sich, weitestgehend unabhängig vom öffentlichen Netz, effizient integrieren. Um sich in den unterschiedlichen Spannungsebenen (MPP Flex Range Voltage) zu bewegen, bedarf es leistungsfähiger DC/DC-Wandler. Durch die variablen Spannungsebenen können die Systemströme begrenzt, sowie wenige Kabel- und Wandlertypen zum Einsatz kommen.

 

Zukünftig sollen aus den eingebauten Schnittstellen Echtzeit-Erfahrungen aus dem laufenden Betrieb gesammelt werden aus denen automatisch die Berichte über IST-Zustand des Netzes generiert werden. Zukünftig sollen dann zunächst Algorithmen implementiert werden, die Prognosen ermöglichen und sich im besten Falle mittels künstlicher Intelligenz optimieren können. A. Huwaldt, SiSy Solution GmbH