Drei Fragen an…Projektleiter Prof. Raj Kollmorgen

21. April 2021

Am 01.12.2020 hat Herr Prof. Dr. phil. habil. Raj Koll­mor­gen als Pro­rek­tor For­schung der Hoch­schu­le Zittau/Görlitz von Prof. Dr.-Ing. habil. Tobi­as Zschun­ke die Lei­tung des Stra­te­gie­ent­wick­lungs­pro­jek­tes des Bünd­nis­ses Lau­sitz — Life & Tech­no­lo­gy über­nom­men. Herr Prof. Zschun­ke wird L&T wei­ter­hin als Spre­cher des Bünd­nis­ses mit sei­nem Fach­wis­sen und sei­nem Enga­ge­ment unterstützen.
In einem Inter­view haben wir den neu­en Pro­jekt­lei­ter zu sei­ner Visi­on für die Regi­on und das L&T‑Bündnis befragt.

 

Herr Prof. Koll­mor­gen, was ist aus Ihrer Sicht not­wen­dig, um einen posi­ti­ven Struk­tur­wan­del in der Lau­sitz zu gestalten?

 

Dazu gehö­ren neben mate­ri­el­len Res­sour­cen sowohl gestal­ten­de Akteu­re mit kon­sis­ten­ten und rea­lis­ti­schen Ziel­vor­stel­lun­gen zum Struk­tur­wan­del als auch Zeit. Mate­ri­el­le Res­sour­cen gibt es in unse­rer Regi­on mehr, als wir oft anneh­men und bekla­gen. Nament­lich die finan­zi­el­len För­der­pro­gram­me im Rah­men des Struk­tur­stär­kungs­ge­set­zes, aber auch vie­ler wei­te­rer Initia­ti­ven (Frei­staat, BMBF usw.) stat­ten uns — zumal im Ver­gleich mit ande­ren länd­li­chen Regio­nen in Euro­pa — gera­de­zu exqui­sit aus. Zeit ist in Wand­lungs­pro­zes­sen immer eine kri­ti­sche Dimen­si­on. Regel­mä­ßig wird eine hohe Geschwin­dig­keit, am bes­ten noch deren Beschleu­ni­gung gefor­dert. Ich plä­die­re aber dafür, dass wir ver­ste­hen, dass es unmög­lich ist, in weni­gen Jah­ren eine neue Regi­on oder neue Indus­trien aus dem Boden zu stamp­fen. Viel­mehr reden wir von zehn, Im Regel­fall von zwan­zig und mehr Jah­ren. Es braucht also auch Geduld und klu­ge Schritt­fol­gen — sonst pro­du­zie­ren wir neue Ent­täu­schun­gen. Bei den gestal­ten­den Akteu­ren ist es not­wen­dig, stra­te­gi­sche Kon­zep­te und Res­sour­cen­be­reit­stel­lun­gen von Bund und Frei­staat durch Per­spek­ti­ven und Initia­ti­ven der regio­na­len Akteu­re zu unter­set­zen. Hier sehe ich noch gro­ße Reser­ven. Vie­le Grup­pen sind mit ihren Ideen und Poten­zia­len bis­her unter­re­prä­sen­tiert. Das schließt einen Teil der KMU oder zivil­ge­sell­schaft­li­che Akteu­re eben­so ein wie Frau­en oder Jugend­li­che. Hier setzt auch die Arbeit des Bünd­nis­ses Life & Tech­no­lo­gy an, dass sich als ein hier posi­tio­nier­ter Ver­mitt­ler ver­steht, der zugleich eige­ne inno­va­ti­ve Akzen­te set­zen will.

 

Was ist Ihre Visi­on für das Bünd­nis und das Vor­ha­ben Lau­sitz — Life and Technology?

 

Ich wün­sche mir ein leben­di­ges Bünd­nis, das sowohl in den regio­na­len Ver­net­zungs­ak­ti­vi­tä­ten wie in der For­mie­rung inno­va­ti­ver Clus­ter in der Regi­on eine Schritt­macher­funk­ti­on über­nimmt — ohne zu glau­ben, dass es das ein­zi­ge oder auch nur wich­tigs­te Bünd­nis in der Lau­sitz sei.

 

L&T legt den Fokus auf den stra­te­gi­schen Aus­bau der vier Inno­va­ti­ons­fel­der “Ver­netz­te Ener­gie­sys­te­me durch Spei­cher­tech­no­lo­gien”, “Addi­ti­ve Fer­ti­gung für effi­zi­en­te­re Pro­duk­ti­on”, “Non-for­ma­le regio­na­le Bil­dung” und “Attrak­ti­ve Lebens- und Arbeits­wel­ten”. War­um ist die Ver­knüp­fung die­ser sozia­len und tech­no­lo­gi­schen Inno­va­tio­nen wichtig?

 

Es gibt heu­te weni­ger denn je tech­nisch-öko­no­mi­sche Inno­va­tio­nen, die kei­ne sozi­al-inno­va­ti­ve Dimen­si­on besä­ßen oder erheb­li­che sozia­le Fol­gen gene­rier­ten. Wind­kraft­an­la­gen und deren För­de­rung haben z.B. neue Eigen­tü­mer­struk­tu­ren (z.B. Genos­sen­schaf­ten) eben­so beför­dert wie den Pro­test der Bevöl­ke­rung her­aus­ge­for­dert. Das Smart­pho­ne sorgt für neue sozia­le Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ti­le und Gemein­schafts­bil­dun­gen wie über­haupt die Digi­ta­li­sie­rung neue Bil­dungs- und Arbeits­mo­del­le (Home­of­fice, Co-working, digi­ta­le Leh­re) oder Lebens­füh­rungs­mus­ter (Vir­tu­al­sie­rung sozia­ler Inter­ak­ti­on) ermög­licht und in spe­zi­fi­scher Wei­se for­miert. Wenn wir eine inno­va­ti­ve Regio­nal­ent­wick­lung in der Lau­sitz rea­li­sie­ren wol­len, brau­chen wir daher eine Ver­knüp­fung tech­ni­scher und sozia­ler Neu­hei­ten in deren Erfin­dung, Ent­wick­lung wie deren Verbreitung.

 

Vie­len Dank für das Interview!

 

Kon­takt

 

 

Prof. Dr. phil. habil. Raj Kollmorgen

Hoch­schu­le Zittau/Görlitz
Haus Z I, Raum 1.51.1
Theo­dor-Kör­ner-Allee 16
02763 Zittau

 

Tele­fon: +49 3583 612‑3011
Email: prorektor-forschung@hszg.de

 

 

 

Herr Prof. Raj Koll­mor­gen wur­de in Leip­zig gebo­ren. Zwi­schen 1985 und 1990 stu­dier­te er Phi­lo­so­phie, Gesell­schafts­wis­sen­schaf­ten und Volks­wirt­schafts­leh­re in Ber­lin und arbei­te­te danach als Mit­ar­bei­ter, Dozent und Pro­fes­sor an ver­schie­de­nen wis­sen­schaft­li­chen Insti­tu­tio­nen, u. a. an den Uni­ver­si­tä­ten Jena, Mag­de­burg und Toron­to (Kana­da). Er beschäf­tigt sich mit ver­glei­chen­der Trans­for­ma­ti­ons­for­schung, mit Ost­deutsch­land und der deut­schen Ver­ei­ni­gung, forscht zu sozi­al-öko­lo­gi­schem Wan­del, inno­va­ti­ver Regio­nal­ent­wick­lung, Eli­ten sowie zum poli­ti­schen Popu­lis­mus und Radikalismus.